Wohl dem Volk, das zu jubeln weiss, HERR, sie gehen im Licht deines Angesichts.
Ps 89,16
Heute ist ein Jubiläum. Dies ist der 50. Text, den ich in diesen Tagen der Corona-Krise schreibe. Es ist ein Jubiläum, doch mir ist nicht zum Jubeln ums Herz. Ich freue mich nicht, wie es die lateinische Wortwurzel «iubilare» in diesem Fall von mir verlangt.
50 Tage Lockdown sind kein Grund zum Frohlocken. Sie fühlen sich mehr wie 50 verjubelte, also sinnlos verlebte, Tage an. Was war alles unmöglich? Was haben wir alles verpasst? Was hat das Eingeschlossen sein und die fehlenden sozialen Kontakte mit uns gemacht? Welche Schäden werden bleiben, nicht nur am Körper und auf dem Sparbuch, sondern an der Seele?
Es ist ruhig geworden um die Solidarität der ersten Woche. Funktioniert sie noch? Oder hat sie ihre Grenzen sprengende Kraft eingebüsst? Ist sie wieder die Solidarität in der Familie und unter Freunden?
50 Tage Lockdown sind eine lange Zeit. Der heutige Tag ist ein trauriges Jubiläum. Doch das Wort Jubiläum hat neben seiner lateinischen Mutter auch einen hebräischen Vater. Das «Yovel» ist das Widderhorn. Es wird dem toten Widder abgenommen, vom Fleisch gereinigt und in der Spitze durchbrochen. So entsteht ein einfaches Blasinstrument mit durchdringendem Schall.
Von Josua wird berichtet, dass er das Widderhorn bei der legendären Schlacht um Jericho blasen liess. An sieben Tagen zogen sieben Widderhorn blasende Priester um die Stadt, dann fielen ihre Mauern. 7 mal 7 sind 49 zum Jubiläum hin fielen die Mauern.
Das 50. Jahr wird zum Jubeljahr. Das Widderhorn wird anlässlich dieses Freudenjahres geblasen. Im Jubeljahr ist alle Schuld erlassen. Der Mensch wird in Gottes Namen frei. Er allein befreit.
50 Tage Lockdown. Möge das geistige Horn geblasen werden. Möge Gott die Mauern, die uns trennen, einreissen. Möge er uns Freiheit schenken.