Ein täglicher Gedanke in Zeiten des Virus – Tag 60

Wer Christus dient, findet Wohlgefallen bei Gott und Anerkennung bei den Menschen.
Röm 14,18

Wir sollen und wir dürfen Gott feiern! Wir dürfen und wir sollen uns wegen Corona nicht zum Gottesdienst treffen. Mich zerreisst diese Spannung fast. Mir fehlt das gemeinsame Feiern. Gerade jetzt, wenn in der Phase der Lockerung so vieles wieder möglich ist. Der Gottesdienst gehört nicht dazu. Ich fühle die Lücke, die sein Fehlen in mein Leben reisst. Hoffentlich darf es bald wieder losgehen! Bis dahin aber werde ich ihn vermissen, den gemeinsamen Gottesdienst. Es sind fünf Gründe, warum ich ihn vermisse. Fünf Gründe für das Gottesdienst feiern. Damit es spannend bleibt in aufsteigender Bedeutung für mich.

Der fünftwichtigste Grund: Ich erlebe die Gemeinschaft!

Jesus sagt: «Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen!» (Mt 18,20) Gottesdienst feiern wir nie allein. Wir sind verbunden. Wir treffen andere Menschen. Wir treffen Gott an. So entsteht in zwei Richtungen Gemeinschaft. Auf der horizontalen Ebene zwischen Menschen, die sich treffen, um gemeinsam Gott zu feiern. Auf der vertikalen Ebene zwischen dem einzelnen Menschen und Gott. Auf diesen beiden Ebenen wirken mindesten drei Beziehungsräume. Ich und mein Gott, Ich und meine Gemeinde und Wir und unser Gott.

Im Gottesdienst erlebe ich sinnlich, was ich ihm Herzen glaube. Ich bin nicht allein. Gott ist mit mir. Er ist mit uns. Er stellt mir seine Gemeinde zur Seite. Ich darf Teil seiner Familie sein. Er ist mir ein himmlischer Vater. Er hat mich gern. Er hat seine Familie gern. Gemeinsam erleben wir die Gemeinschaft mit ihm. In der Gemeinschaft des Gottesdienstes fühle ich mich getragen. Die Gemeinschaft lässt mich hoffen und macht mich Gewiss. Gott ist da!

Der viertwichtigste Grund: Ich singe gern!

Weil ich in Jesus Christus zu Gott «Vater» sagen darf und er mich in seine Familie aufgenommen hat, ist mein Herz voll Dankbarkeit. Er hat mich gern. Es erfüllt mich mit Freude. Diese Freude will aus meinem Herzen fliessen. Sie strömt in die Welt mit den Lob-, Preis- und Dankliedern.

Es tut gut Gott zur Ehre zu singen. Nicht nur aus religiösen Gründen.

Singen an und für sich tut einfach gut. Beim Singen öffnet sich die Brust. Die Lungen füllen sich mit Luft. Der ganze Körper wird mit genügend Sauerstoff versorgt. Wenn ich singe, fühle ich mich wach und lebendig. Ich bin voller Energie und spüre die Kraft des Lebens.

Singen ist gesund. Singen bringt Dank und Lob vor Gott. Singen verbindet mit der göttlichen Lebenskraft. Gemeinsam zu singen lässt mich dies fühlen.

Der drittwichtigste Grund: Die Predigt regt mich zum Nachdenken an!

Gerade als Pfarrer geniesse ich es, wenn ich eine gute Predigt einer Kollegin oder eines Kollegen hören darf. Der fremde Blick auf einen biblischen Text regt mich an. Manchmal werde ich auf einen Punkt hingewiesen, der mir bis anhin nicht aufgefallen ist. Der Text wird durch die Predigt wieder ein stückweit zum Fremden, auf den ich mich neu einlassen kann. Eine gute Predigt lässt mich einen altbekannten Text fast wie zum ersten Mal hören. Sie haucht ihm neue Farben ein und der Text kann sein Licht neu entfalten.

So wirft die Predigt ein Licht auf mich. Ich beginne neu über mich nachzudenken. Mein Leben wird mir gespielt wohlwollend und zart. Ich darf mich selbst neu entdecken. In neuem Blick werde ich hie und da ein stückweit mit mir selbst versöhnt. So wirkt Gottes Kraft durch die Predigt an mir. Ich werde ein neuer Mensch, zumindest für einen wunderbaren Augenblick!

Der zweitwichtigste Grund: Es tut gut mit anderen zusammen zu beten!

Gerade das Gebet in der Gemeinschaft vor Gott hat eine besondere Kraft. Es wirkt doppelt. Es wirkt auf das Gebetsanliegen, es wirkt aber auch auf die Betenden. Im gemeinsamen Gebet wird nicht nur nach aussen Kraft zugesprochen, sondern auch die Betenden werden gestärkt. In der Gebetsgemeinschaft wächst der eigene Glaube und die Gewissheit. Die Gemeinschaft trägt den Zweifel. In ihr schlägt Gott eine Brücke. Er begegnet gerade dem Schwachen und macht ihn stark. So baut das Gebet auf. Den Betenden und die Gemeinschaft.

Der wichtigste Grund, um Gottesdienst zu feiern: Ich empfange neue Kraft!

Der Gottesdienst ist für mich wie eine Oase in der Wüste. In ihm kann ich aus der Betriebsamkeit, dem Lärm und dem Stress des Alltags für eine Stunde aussteigen. Er ist ein regelmässiger Marschhalt auf dem Weg des Lebens. Man hält an, man kommt zur Ruhe, die Seele nährt und stärkt sich am Wort Gottes. Ich komme regelmässig wie als neuer Mensch aus dem Gottesdienst.

Es ist, als ob nicht nur der moralische Kompass neu gerichtet worden ist, sondern als ob neuer, frischer Wind die Segel füllt. Was im Gottesdienst auf geheimnisvolle Art passiert, treibt mich ins Leben hinaus. Doch nicht wie ein Getriebener, sondern als Angetriebener. Die Energie ist in mir. Sie ist meine Kraft, auch wenn sie aus einer anderen Quelle kommt. Ich bin gestärkt und voller Kraft. Nach dem Gottesdienst gehe ich unter seinem Segen in die neue Woche. Dann spüre ich, Jesu steht mir zur Seite. Ich darf ihm nachfolgen. Er führt mich auf dem guten Weg.

Gerade diese Kraft und Stärkung vermisse ich in dieser Zeit der Corona-Epidemie besonders. Doch ich weiss, diese Kraft und seinen Segen ist nicht an den Gottesdienst gebunden. Gott gibt sie mir, wo ich ihn darum bitte. So komme ich vor ihn. Allein. Mit leeren Händen. Ich bitte Gott: «Giesse deinen Geist aus. Erfülle mich und diese Welt mit deiner Hoffnung. Mach uns stark, damit wir diese Zeit auch ohne Gottesdienst durchstehen. Mach uns dankbar, wenn diese Prüfung vorbei ist. Lass uns mit neuer Freude deine Gegenwart im Gottesdienst feiern. Segne uns unser Gott!»

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