Ein täglicher Gedanke in Zeiten des Virus – Tag 71

O Tiefe des Reichtums,
der Weisheit und der Erkenntnis Gottes!
Wie unergründlich sind seine Entscheidungen
und unerforschlich seine Wege!
Röm 11,33

Aus beruflichen Gründen besuchte ich im letzten Sommer Basel. Genauer gesagt, lag mein Ziel auf der anderen Rheinseite – in Kleinbasel, oder wie es in der Sprache der Eingeborenen heisst, in „Glaibasel“. Meine Reise fiel auf einen der ersten schönen Sommertage. Warum also das Nützliche nicht auch mit dem Schönen verbinden?

So nahm ich nicht das Tram, sondern ging zu Fuss. Ich ging nicht den direkten Weg, sondern schlug einen kleinen Bogen, über den Barfüsserplatz und durch die Gassen hinauf zum Münster. Auf der Terrasse hinter dem mittelalterlichen Kirchenbau konnte ich das gar nicht so kleine Kleinbasel überblicken. Eine prächtige Aussicht! Doch wie nun über den Rhein ans andere Ufer kommen? Der Fluss trennt die Stadt in zwei Teile.

Die vernünftigste Lösung wäre wohl eine der beiden Brücken, die vom Münsterhügel aus links und rechts zu sehen sind. Doch mir stand der Sinn nicht nach dem Vernünftigen, sondern nach dem Vergnüglichen. Direkt unterhalb der Terrasse liegt die Münster Fähre. So stieg ich zum Ufer hinab und sah die Fähre, wie sie mir entgegenkam. Vorfreude überkam mich beim Warten. Denn mit dem Fahren auf Fähren verbinde ich viele schöne Erinnerungen.

Noch schwelgte ich in ihnen, da legte sie schon an und eine fröhliche Touristenschar entstieg ihr. Für kleines Geld wurde ich an Bord genommen.

Eine der Fähren über den Rhein bei Basel.

Der „Fährimaa“ legte das Steuerruder um. Langsam löste sich die Fähre vom Steg. Ohne Motor; ohne Segel, ohne Muskelkraft an Ruderriemen, allein durch den Wasserdruck des Flusses bewegte sie sich. Es brauchte keine Anstrengung, weder von uns Passagieren noch vom Fährmann, um uns ans jenseitige Ufer über zu setzen. Alleine das Ruder musste umgelegt werden. Dann galt es zu warten und die Fahrt zu geniessen.

Vielleicht, dachte ich mir, braucht es gar nicht viel, um Grosses zu bewegen. Der Strom der Zeit nimmt die Fähre unseres Lebens mit sich. In der Zeit liegt viel Kraft. Sie kann uns mit sich reissen, doch können wir ihre Kraft manchmal auch nutzen.

Der Fährmann braucht Geduld. Die Fähre reagiert verzögert. Er kann ihre Fahrt nicht beschleunigen. Der Fluss bestimmt die Geschwindigkeit. Er kommt nicht zum Ziel, wenn er beständig das Ruder hin und her wirft.

Vielleicht tut es auch uns gut, wenn wir vom Fährmann lernen. Der Strom der Zeit bewegt die Fähre unseres Lebens. Er trägt uns zu neuen Ufern.

Manchmal reicht es, das Ruder zu stellen und an einem Entscheid festzuhalten. Manchmal reicht es, sich auf den Weg zu machen. Manchmal reicht es, der Zeit zu vertrauen.

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