Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz, prüfe mich und erkenne meine Gedanken.
Ps 139,23
Wie ist es wohl all den Schülerinnen, Schülern, Lehrlingen und Studierenden in diesen Tagen und Wochen ergangen, die trotz Corona ihre Matur-, Lehrabschluss-, Bachelor- und Masterprüfung ablegen mussten? Manche (Teil-)Prüfung wurde wegen der Pandemie erlassen. Doch nicht jedes Examen wurde abgesagt.
Es war eine besondere Situation für die zu Prüfenden, aber auch für die Prüfer selbst. Normalerweise wissen beide, wie eine Prüfung abläuft. Es ist nicht ihre erste Prüfung und selbst wenn, dann ist man durch die älteren Kolleginnen, Kollegen und Kommilitonen gut über den Ablauf und die Art der Aufgaben informiert. Man weiss, was von einem erwartet wird. Man weiss, welche Hilfsmittel erlaubt sind. Man weiss, welche Arbeitsmittel nötig sind.
Doch in diesem Jahr war für tausende Prüflinge alles anders. Es stellten sich ungewohnte Fragen wie: Wie funktioniert eine mündliche Prüfung via Zoom? Was, wenn das Internet während der Prüfung ausfällt? Wie kann man sich auf eine Openbook-Prüfung vorbereiten? Reicht die Zeit überhaupt, um etwas nachzuschlagen? Was passiert, wenn der Computer sich mitten in der Prüfung aufhängt? Finde ich überhaupt genügend Ruhe zu Hause? Was ist mit der Baustelle vor dem Haus, wird sie sich auf meine Leistung auswirken?
Zum normalen Prüfungsstress und dem Stress durch die Pandemiesituation kam auch noch der Stress durch die besonderen Umstände der Prüfung. Wer in diesen Wochen eine Prüfung schreiben musste, ist um diese Erfahrung nicht zu beneiden. Ich fühle mit den Kandidatinnen und Kandidaten mit und kann mich gut in ihre Angehörige einfühlen. Es waren besondere Prüfungen.
Ab und an stehen wir alle auf dem Prüfstand. Nicht vor einer Expertin oder einem Experten, sondern vor uns selbst. Beim Blick in den Spiegel. Wenn wir beim Einkaufen die Wahl haben zwischen dem günstigen und dem fair produzierten Produkt. Wenn wir uns fragen: Bio oder konventionell? Regional oder exotisch? Fleisch oder vegetarisch? Oder mit dem Bettelbrief eines Hilfswerks in der Hand: Altpapier oder spenden?
Ja, es gehört mit zu uns Menschen, dass wir uns selbst beobachten und dabei auch bewerten. Wir stellen uns und unser Handeln in Frage. Ist es ethisch gut? Handle ich richtig in den Augen meiner Mitmenschen? Wie sieht Gott mich? Was hätte Jesus getan? Oder war das bei ihm etwas anderes?
Wir entscheiden uns. Oft richtig. Doch manchmal auch falsch. Wenn wir ehrlich sind, dann werden wir nicht immer auf Grund der Nächstenliebe handeln, wie es Jesus von seinen Anhängern fordert. Und, wenn nicht einmal die Aposteln und Heiligen der ersten Stunde immer richtig handelten – Und das taten sie nicht. In den Evangelien wird immer wieder von Streit und Missgunst unter den Jüngern erzählt. Vor dem Kreuz flohen sie und Petrus leugnete gar Jesus überhaupt gekannt zu haben – wie soll es dann uns gelingen?
Vor Gott, so zeigt es unsere Erfahrung mit Prüfungen, müssen wir wohl alle scheitern. In Beziehung auf die Nächstenliebe bleiben wir immer etwas schuldig. Wo wir nach unseren Taten beurteilt werden, da scheitern wir mal mehr, mal weniger. Wir können uns das Himmelreich nicht selbst verdienen.
Doch Gott prüft uns nicht nach unserem Handeln. Er prüft uns nicht nach dem Ergebnis, das wir abliefern. Er sieht uns vielmehr ins Herz. Er kennt unsere Gedanken. Suchen wir das Gute? Möchten wir das Richtige tun? Haben wir das Wohl aller im Blick? Meinen wir es so, wenn wir beten «dein Wille geschehe»?
Wir können in den Prüfungen des Lebens scheitern. Wir können uns für das Falsche entscheiden und das Schlechte tun. Doch wo wir in guter Absicht und aus reinem Herzen handeln, da erbarmt sich Gott. Denn er hat uns ein reines Herz gegeben und die gute Absicht hineingelegt. Er hat längst an uns gewirkt und uns verwandelt, wo wir nach dem Guten suchen.
Er prüft unser Herz. Es ist das Herz, das er uns gab. Er gab uns ein gutes Herz. Wir müssen uns vor seiner Prüfung nicht fürchten. Denn er hat sie in Jesus Christus für uns bestanden. Wenn wir in der Welt auch scheitern, vor ihm ist uns der Erfolg gewiss. Dafür dürfen wir ihm danken.