Jahreslosung 2025

Prüft aber alles und behaltet das Gute
1. Thessalonicher 5,21

Von Gott geliebte Menschen

Als ich etwa fünf oder sechs Jahre alt war, durfte ich oft meine Grossmutter besuchen. Sie wohnte nur ein paar Strassen weiter, vielleicht 150 oder 200 Meter entfernt. Diesen Weg durfte ich alleine gehen, und ich fühlte mich dabei immer sehr erwachsen und gross, wenn ich mich auf den Weg machte.

Meine Grossmutter erzählte mir Geschichten, brachte mir das Stricken bei und zeigte mir, wie man Waffeln mit einem alten Waffeleisen backt. Wir gingen oft spazieren, begleitet von Tapsi, dem Hund meiner Tante, der bei meiner Grossmutter lebte.

Das Beste aber war für mich das Essen bei ihr. Sie kochte Spaghetti Bolognese, Omeletts, Reis mit Erbsen, Kartoffelbrei mit Fleischkäse und vieles mehr. Selbst das Gemüse schmeckte bei ihr besser als alles andere, das ich kannte. Nur einmal passte es mir nicht: Es gab Rosenkohl.

Ich erinnere mich, wie ich sofort sagte: „Das mag ich nicht! Das esse ich nicht!“ Allein der Geruch reichte, um mich abzuschrecken. Daraufhin fragte meine Grossmutter: „Hast du Rosenkohl schon einmal probiert?“ „Nein, aber ich weiss, dass ich ihn nicht mag!“, antwortete ich.

Mit einem sanften Lächeln entgegnete sie: „Wie kannst du wissen, dass du ihn nicht magst, wenn du ihn noch nie probiert hast? Probier ihn einfach! Wenn er dir wirklich nicht schmeckt, kannst du ihn zurück auf den Teller legen.“

Sie nahm ein einzelnes kleines Blatt vom Rosenkohl, teilte es in zwei Hälften und reichte es mir auf einer Gabel. Zögernd nahm ich die Gabel, blickte erst auf das Blatt und dann auf das freundliche Gesicht meiner Grossmutter. Schliesslich überwand ich mich und probierte es.

Was soll ich sagen? Meine Grossmutter musste nichts anderes für mich kochen. Ich ass nicht nur dieses Blatt, sondern auch das ganze Röschen und nahm danach noch mehr. Ich hatte festgestellt, dass ich Rosenkohl mag. Er schmeckt ganz anders, als er beim Kochen riecht.

Die Botschaft der Jahreslosung

Warum erzähle ich Ihnen diese Geschichte? Sie hat mit der Jahreslosung zu tun:

„Prüft aber alles und behaltet das Gute.“

Dieser Satz fordert uns auf, unsere vorgefassten Meinungen zu hinterfragen. Wir sollen uns nicht von Vorurteilen leiten lassen, sondern unsere Urteile auf gemachten Erfahrungen basieren. Mein Beispiel mit dem Rosenkohl zeigt das sehr deutlich. Ohne Erfahrung hatte ich den Rosenkohl abgelehnt, aber durch das Probieren habe ich etwas Neues entdeckt.

Manche Dinge muss man ausprobieren, um zu wissen, ob sie gut sind oder nicht. Das gilt auch für den Glauben. Man kann noch so viel über den Glauben wissen, man kann von anderen davon hören oder gute Argumente dafür erhalten. Aber wenn man den Glauben nicht selbst ausprobiert, wird man nie erfahren, ob er einem guttut.

Darum ist es mir wichtig, den Glauben nicht nur zu erklären, sondern ihn als eine Art Experiment vorzuschlagen. Versuchen Sie ein kleines Stück Vertrauen auf Gott. Vielleicht ein kurzes Gebet wie: „Gott, begleite mich durch den morgigen Tag und schenke mir ein Lächeln.“ Solche kleinen Schritte können einen Unterschied machen.

Achtsamkeit und Grenzen

Doch in der Jahreslosung steckt auch eine Warnung. „Prüft alles“ bedeutet nicht, unbedacht alles auf einmal zu versuchen. Manchmal kann man sich überfordern.

Meine Grossmutter gab mir ein einziges, halbiertes Blatt vom Rosenkohl – ein kleines, kalkuliertes Risiko. Hätte ich gleich eine grosse Portion gegessen und sie nicht vertragen, wäre meine Meinung vielleicht für immer negativ geblieben.

Auch im Glauben kann es passieren, dass Menschen sich überfordern. Sie nehmen sich zu viel vor und scheitern dann. Vielleicht sagen sie danach: „Das hat mir nichts gebracht.“ Aber oft liegt das Problem nicht am Glauben selbst, sondern daran, dass man zu grosse Schritte gewagt hat. Kleine Schritte sind der Schlüssel, um den Glauben zu entdecken.

„Prüft alles und behaltet das Gute“ heisst auch, achtsam zu leben. Fragen wir uns: Tut mir das, was ich tue, wirklich gut? Hilft es mir, mein Leben zu gestalten? Lässt es mich wachsen?

Der Glaube als Wagnis

Die Erfahrung mit dem Rosenkohl hat mich ermutigt, weitere kulinarische Entdeckungen zu machen. So hat sich mein Horizont erweitert.

Auch der Glaube ist ein Wagnis, das in kleinen Schritten angegangen werden sollte. Diese Schritte haben mir geholfen, ein Vertrauen aufzubauen, das in meinem Leben trägt. Der Glaube nimmt mir Angst, er tröstet mich, und er lässt Dankbarkeit in mir wachsen.

Prüft alles und behaltet das Gute.
Amen

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